Bereits ab dem Bau der karolingischen Kirche, die sich unter der heutigen Abteikirche befindet und Thema der vorhergehenden Folge war, wurden Grabstätten in deren Untergrund oder in deren Umkreis angelegt. In der Folgezeit richtete man zahlreiche Gräber in den verschiedenen Teilen des Gebäudes ein, hauptsächlich in den nach und nach errichteten westlichen Annexbauten, aber auch im Aussenbereich der Nordseite, unter dem Marktplatz, sowie im Süden. Diese Nutzung als Bestattungsort setzte sich während des gesamten Mittelalters fort, auch nach dem Bau der heutigen Kirche im 11. Und 12. Jahrhundert und mindestens bis zur Reformation: man kann davon ausgehen, dass sich die Zahl der Grabstätten auf dem Gelände der Abteikirche auf fast tausend beläuft!
Bei den Ausgrabungen von 2015-2016 wurden sehr unterschiedliche Grabanlagen entdeckt. Am häufigsten bestanden sie aus Holz, wie Bretterschalungen, verdübelte Särge und ausgehöhlte Baumstämme (Totenbaum oder Baumsarg genannt). Diese Komponenten bleiben unter der Erde im Allgemeinen nicht erhalten, werden aber durch Archäologen entsprechend der Anordnung der Knochen nachgebildet. Nicht weniger als sechzehn Steinsarkophage, die ansonsten in den regionalen Kontexten eher selten sind, und sechs Verschalungen aus Steinmäuerchen sind ebenfalls verzeichnet, fast ausschliesslich im Inneren der Annexbauten der ältesten Kirche.
Lässt sich herausfinden, wer die Personen waren, die im Laufe der Jahrhunderte auf dem Gelände der Abteikirche von Payerne begraben wurden? Anhand von Methoden der Skelettanalyse kann man heute manche biologische Parameter relativ zuverlässig bestimmen, insbesondere das Geschlecht von Erwachsenen und das Sterbealter von Kindern. Die Ergebnisse der von der Genfer Anthropologin Geneviève Perréard Lopreno durchgeführten Studie zeigen, dass unter den Begrabenen deutlich mehr Männer als Frauen sind, während fast keine vor Vollendung des 5. Lebensjahrs gestorbenen Kinder darunter sind. Weibliche Verstorbene sind bei den Grabstätten im Inneren der aufeinanderfolgenden Bauwerke besonders wenig vertreten. Diese Beobachtungen belegen, dass nur ein kleiner Teil der damals in Payerne lebenden Bevölkerung in den mit der Abteikirche verbundenen Begräbnisbereichen bestattet wurde.
Die Gräber auf diesem Gelände enthielten so gut wie keine Objekte, mit Ausnahme einer kleinen Gürtelschnalle und einer einzigen Münze. Hingegen wurden bei den Ausgrabungen in den Jahren um 1950-1960 in mehreren Grabstätten Stoff- und Lederreste entdeckt, Reste von Kleidung und Schuhen der Verstorbenen. Eines dieser Kleidungsstücke, das in einem Steinsarkophag erhalten blieb, entspricht wohl dem Gewand eines Mönchs oder eines Priors, wahrscheinlich eines Mitglieds des Priorates, der gegen Ende des 10. Jahrhunderts in einem der Annexbauten der Kirche bestattet wurde.
Aber kann man unter all diesen Grabstätten diejenige von Königin Bertha identifizieren?
Gelingt es dir mithilfe des folgenden Hinweises, der Antwort näherzukommen?